Jedes Jahr um Karfreitag suche ich mir eine Person aus der Geschichte rund um das Kreuzigungsgeschehen aus und frage mich wie diese Person dieses wohl erlebt hat. Dieses Jahr ist es Simon von Cyrene.
Zugegeben das was wir von ihm wissen ist ziemlich wenig. Nur ein kleiner Satz (Lukas 23,26 und Markus 15,21) mehr nicht. Und dennoch ist dieser Mann bis heute unvergessen. Uns wird berichtet, dass er gerade „vom Feld /von seinem Feld“ kam. Mitten an einem normalen Arbeitstag, vielleicht auf dem Weg zu einer kleinen Mittagspause, stolpert er in das Kreuzesgeschehen hinein. Er hatte nicht danach gefragt, nicht danach gesucht und eigentlich ging es ihn auch nicht an. Er war der, der vorübergehen wollte.
Bis ihn die Römischen Soldaten aufhielten und mit Gewalt das Kreuz auflegten und ihn „zwangen Jesus hinterherzugehen“(Hoffnung für alle Übersetzung). Was für ein eigenartiges Bild. Zwischen der wütenden Masse und den entsetzten Jüngerinnen und Jüngern ist da Einer, der sich eigentlich raushalten wollte. Viele, die Jesus hinterhergehen und einer der weitergehen wollte. Doch gerade er wird gezwungen Jesus nachzugehen. Drei Jahre lang hatte Jesus immer wieder die Einladung ausgesprochen: „Komm und folge mir nach!“ und immer hatte er die Möglichkeit gegeben sich aus eigenen Stücken zu entscheiden. Nie hatte er den Menschen ihren freien Willen genommen. Und jetzt lesen wir zum ersten Mal von einem, der mit Gewalt gezwungen wird Jesus herzulaufen. Einer, der eigentlich nicht wollte.
Und mehr noch ihm wird das Kreuz Jesu aufgeladen. Nicht Petrus, der bereit war für Jesus zu sterben. Nicht Johannes der zu seinen engsten Vertrauten gehörte. Nicht Maria Magdalena, die bis zum Ende bei ihm war und die Erste, die ihn sah. Ein Unbeteiligter, den das alles nichts anging. Und während ich mir in den letzten Monaten immer wieder selbst mantraartig vor mir hin sage, dass ich nicht der Christus bin und nicht die Not dieser Welt auf meinen Schultern tragen kann, dass ich nicht der Retter bin und mein Kreuz nicht das Kreuz Jesu ist, da begegnet mir dieses Jahr an Karfreitag einer, der das Kreuz Jesu getragen hat. Wortwörtlich. Diese kurze Szene ist voller Bilder die ich nicht verstehe und sie auch nicht wirklich einordnen kann, aber die seit Tagen in mir nachklingen.
Und dann sind da am Ende noch Worte die Hoffnung machen. Der Evangelien Schreiber Markus nennt Simon aus Kyrene, den „Vater von Alexander und Rufus“ – fast so als ob diese beiden den Hörenden damals bekannt gewesen wären. Viele Ausleger vermuten daher, dass Simon der so ganz unfreiwillig in das Kreuzesgeschehen hineingezogen wurde später mitsamt seiner Familie zum Jesu-Nachfolger wurde.
Der Vorübergehende
Der zum Nachfolger wurde
Der Unbeteiligte
den die Jesus Begegnung nicht mehr losgelassen hat.
Der Kreuzträger
Der entdecken durfte, dass den Balken, aber nicht die Last getragen hatte.
Dem Gewalt angetan wurde
Und der unterm Kreuz Frieden fand.
Simon von Kyrene.
Dieses Jahr habe ich ein tolles Buch entdeckt, das als Inspiration für meine diesjährige Person gedient hat: Kreuzweise. Sechs Begegnungen mit Christus rund ums Kreuz. von Andreas Boppart und Central Arts.