Reformationsgedanken V

Ich habe wenige Kindheitserinnerungen die mir so deutlich vor Augen sind wie diese. Ich bin in meinem Kinderzimmer und schiebe meine Kuschelbären in meinem kleinen Kinderwagen vor mich her. Heute haben wir eine wichtige Aufgabe. Ich laufe mit einer kleinen Schüssel ins Badezimmer, hole mir etwas Wasser und fange an meine Teddybären zu taufen.

Heute staune ich über diese Selbstverständlichkeit. Taufe kannte von großen Tauffeiern meiner Cousinen und Geschwister, die traditionell in einer Kirche von einem Pfarrer durchgeführt wurden. Allerdings hatte ich in einem Nebensatz aufgeschnappt, dass in einer Notsituation jeder Christ taufen dürfe und so übte ich fleißig (und hoffte heimlich auf „meinen“ Einsatz).

Ich finde das eine sehr schöne Erinnerung.

Die kindliche Überzeugung vom Priestertum aller Gläubigen. Dass es im Reich Gottes keine besonderen Menschen gibt, die zwischen mir und Gott stehen.

Denn üblicherweise versteht man unter einem Priester jemanden, der zwischen Gott und den Menschen vermittelt. Doch für Luther war klar: Es gibt nur einen Vermittler, nur einen Priester, Jesus Christus (Hebräer 4,14).

Ich selbst muss nicht einfach alles glauben was mir über den Glauben erzählt wird, ich darf er prüfen und mir selbst ein Bild machen. Ich selbst habe direkten Zugang zu Gottes Wort. Theologie (das Nachdenken über Gott) ist nicht nur etwas für die Hochgebildeten, sondern für jedermann, ja sogar für die ganz Kleinen. Und noch viel wichtiger: ich darf mich mit all meinen Sorgen, Gedanken und Nöten direkt an Gott richten. Ich brauche niemanden als Brücke oder Fürsprecher, weil ich durch Jesus direkten Zugang habe.

Und ich glaube wir haben keine Vorstellung davon was für eine Sprengkraft dieser Gedanke in der stark hierarchisch geordneten Zeit Luthers hatte.

Und für uns heute heißt das „Piestertum aller Gläubigen“, dass jeder von uns etwas beizutragen hat. Nicht nur ein paar wenige besonders begabte / ausgebildete / schlaue/ engagierte Menschen, die ein nettes Programm abreißen und uns vorkauen, was wir zu glauben haben.

Sondern, dass Kirche ein Ort ist, wo wir einander Priestern sind (1.Petrus 2,5; Offenbarung 1,6).

Mit dem einen Ziel: dass wir „miteinander den Sohn Gottes immer besser kennen lernen. Wir sollen zu mündigen Christen heranreifen, zu einer Gemeinde, die ihn in seiner ganzen Fülle widerspiegelt. (Epheser 4,13).“

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert