Nee, sorry wir sind schon voll!
Dieser Satz ist mir in der letzten Woche gleich zweimal begegnet. Das erste mal stand ich auf einem kalten leeren Flur vor einem Gottesdienst und musste dann wieder heimfahren, weil kein Platz mehr war. Was mich in dieser Situation so unglaublich wütend gemacht hat, war nicht der fehlende Platz, sondern vor allem das Gefühl, dass es den Leuten drum herum egal war. Mehrere Mitarbeiter hatten die Situation mitbekommen- niemand hat uns angesprochen, niemand ist ein bisschen enger zusammengerückt, keiner hat geholfen oder uns freundlich verabschiedet. Wäre das mein erster Berührungspunkt mit Kirche gewesen, ich wäre wahrscheinlich nicht wiedergekommen.
Ein paar Tage später will ich mich bei einer kirchlichen Gruppe anmelden und auch hier: kein Platz. Und wieder geht es nicht um die Absage (einen Tag vorher hatte ich eine sehr freundliche Absage für eine andere Gruppe bekommen) sondern darum wie abgesagt wird. Nee, kein Platz, sorry. Aber eigentlich ist es uns egal.
Man könnte jetzt sagen, dass es ja nicht unsere Gemeinde war und das Ganze einfach abhaken. Aber so einfach ist das für mich nicht. Weil jede Kirche doch auch irgendwie meine Kirche ist, weil wir alle zusammengehören. Und weil ich denke, dass Kirche so nicht sein sollte. In meiner kleinen Idealistischen Welt ist Kirche ein Ort wo alle willkommen sind, und wo es „kein Platz“ nicht gibt. Weil man dann näher zusammenrückt und zur Not auf dem Boden sitzt. Weil man versucht Platz zu schaffen für die die kommen. Und weil man sich zur Not selbst in den kalten Flur stellt, damit Menschen die zum ersten Mal da sind Platz finden.
Und gleichzeitig weiß ich, dass ich meinen eigenen Ansprüchen nicht gerecht werden kann. Sonntag morgens in „meiner“ Gemeinde gab es auch sehr viele Situationen in denen neue Leute reingeschaut haben und ich ihnen keinen Platz gemacht habe. Sie nicht begrüßt habe und es ihnen nicht leicht gemacht habe sich willkommen zu fühlen. Weil ich müde war, überfordert mir den Kindern oder manchmal auch einfach nur zu bequem.
Ja, es ist oft sehr unbequem Platz zu schaffen. Aber was ist die Alternative?
Dass wir immer unter uns bleiben. Wenn ich ehrlich bin, dann wünscht sich ein Teil von mir genau das! Ich will es mir in meiner Kirche bequem machen. Will meine Lieder singen, meine Art von Predigten hören, will mit meinen Freunden Gespräche führen und es schön gemütlich haben während ich Kaffee trinke.
Aber wenn wir Menschen einladen wollen- zum Glauben und in unsere Kirchen, dann müssen wir uns darauf einstellen, dass es ein wenig unbequem wird. Dass wir zusammenrücken und uns auf andere einlassen müssen. Und wenn wir das nicht wollen, sollten wir niemanden mehr einladen.
Ich glaube das ist der große Mythos, dem viele Gemeinden erliegen, dass wir beides haben können. Bequeme Gottesdienste und Platz für Neue.
Junge Familie- ohne dass die Kinder laut sind und stören.
Teenager – ohne die Musik verändern zu müssen.
Unterschiedliche Menschen – ohne unseren Gottesdienst anzupassen.
Neue – ohne auf sie zugehen zu müssen.
Aber vielleicht darf Kirche auch ein bisschen ungemütlich sein?
Oh ja. Von Herzen JA, liebe Anne! Auch wenn ich es auch am liebsten nicht anstrengend hätte und ich mich immer wieder in die gleichen vertrauten und liebgewonnenen Begegnungen fallen lassen würde: Hands up für alles Ungemütliche und für alles was mich herausfordert Platz zu schaffen für Neue und für Neues! So dankbar mit Dir unterwegs zu sein!
Liebe Anne,
mein erster Gedanke als ich Deinen neuen Blogeintrag gelesen habe war: es ist doch super wenn der Gottesdienst so voll ist bzw. so stark besucht ist. Genau das wollen wir doch: das die Kirchen wieder mehr Zulauf haben. Aber als ich dann weitergelesen habe, musste ich Dir in allem zustimmen! Ja, wir sollten neue Menschen herzlich willkommen heißen und Platz für sie schaffen. Und ihnen zugewandt sein. Und immer bleibt für uns alle die Frage: Wie würde sich Jesus verhalten. Und Ihn uns als Vorbild nehmen!! Dazu gibt es genügend Beispiele aus der Bibel.