Grau-grüne Alltagstage

Während ich vor ein paar Tagen noch übers Feiern geschrieben habe, geht’s heute um den Alltag. Denn ich finde, die beiden gehören untrennbar zusammen.

Je mehr ich feiere, desto mehr lerne ich meinen Alltag zu schätzen. Und je mehr ich Frieden mit meinem Alltag schließe – mit all seinen Herausforderungen und ganz viel Gewöhnlichkeit – desto lieber feiere ich die kleinen Siege, die Feiertage, die Sonntage und die Highlights.

Im Kirchenjahr haben die „normalen“ Sonntage, die keiner besonderen Festzeit zugeordnet sind, die liturgische Farbe Grün. Und ich muss sagen, ich mag Grün und ich mag die grünen Tage. Man hätte sie ja auch grau färben können. Schmuddelwetter-grau, mausegrau, „nichts Besonderes“- grau. Beton ist grau und unsere Couch, die täglich als Trampolin missbraucht wird. Man hätte diese Tage vorbeiziehen und abwarten können. Stattdessen hat irgendwer beschlossen, diese Tage grün zu markieren.

Gerade jetzt, zwischen Nieselregen und Alltagssorgen, eine bisschen zu viel Arbeit und ein bisschen zu wenig Energie, Rotznasen und Alltagstrott, ist das wie ein kleines Versprechen: dass an diesen langweiligen Alltagstagen nicht alles erstarrt oder tot oder nutzlos ist.

Es sind die ersten grünen Spitzen, die sich aus dem Winterboden trauen. Schneeglöckchen und mutige Vorfrühlingsknospen. Die auf Sonne und Wärme und Frühling hoffen lassen. Die davon erzählen, dass etwas im Entstehen und im Aufbruch ist. Und während uns diese Dinge im Sommer förmlich anspringen muss man im kaltnassen Februar ein bisschen langsamer gehen und ab und zu stehen bleiben, um sie zu entdecken.

Ja, manchmal fühlt sich unser Alltag, besonders jetzt im Winter, ziemlich grau an. Aber vielleicht ist er das gar nicht. Vielleicht ist er, wenn wir ganz genau hinschauen, in Wirklichkeit ziemlich grün.

Voller versteckter Hoffnung, voller Wachstum (wenn auch unentdeckt unter der Erde) und dem Glauben an das, was noch kommen wird.

Und vielleicht sind die grünen Alltagstage die Erinnerung daran, dass der große Glaube nicht an den großen Festen entsteht, sondern Stück für Stück an grau-grünen Alltagstagen ganz langsam und unerkannt wachsen will.

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