Ich finde Barmherzigkeit auf unserem Schulhof. Zwischen Hunden und deren Besitzer, die ich bei der ersten Begegnung unfreundlich anpampen wollte, weil die Hunde nicht angeleint waren. Sie haben meine Kinder über die Corona-Zeit gerettet.
Ich finde Barmherzigkeit bei einem Anruf beim Arbeitsamt. Eine Frau an der anderen Leitung, die mich freundlich berät und sich extra Zeit nimmt, um mich zu ermutigen. Ich hatte Unverständnis und Vorwürfe erwartet.
Ich finde Barmherzigkeit bei einer Freundin. So viele spät oder unbeantwortete Nachrichten haben sich im letzten Jahr auf meinem Telefon gestapelt. Sie hat den Kontakt gehalten.
Ich finde Barmherzigkeit in unserer Gemeinde. Dort, wo wir es im Moment einfach nicht schaffen mitzuarbeiten. Wo uns dennoch immer ein Platz freigehalten wird und wo Menschen sind, die sich von Herzen freuen, wenn wir kommen, auch wenn wir gerade nichts beitragen.
Ich finde Barmherzigkeit bei Freundinnen, die ich seit Monaten immer wieder vertröste. „Es tut mir leid, ich schaffe das im Moment einfach nicht.“
Ich finde Barmherzigkeit.
Dort, wo Menschen mehr tun, als ihr Job verlangt. Dort, wo ich auch mit meiner Schwachheit, meinen Grenzen und Fehlern willkommen bin. Manchmal genau dort, wo ich es nicht erwartet hatte.
Jesus hat mal gesagt: „Seid barmherzig, dann werdet ihr Barmherzigkeit finden.“ (Mt 5,7) Ich glaube, für mich hat er eine Ausnahme gemacht. Er hat mich zuerst Barmherzigkeit finden lassen.