Meine Hand zuckt

Wir sitzen gemütlich am Esstisch. Der Junior will sich seine Milch selber einschenken. Meine Hand zuckt. Ich will helfen, weil ich es schneller, besser kann. Ohne etwas zu verschütten. Ich kann mich gerade noch beherrschen. Er macht es selbst, schüttet viel zu viel Milch ins kleine Müsli, die Hälfte landet auf dem Tisch. Ich hol ein Tuch.

Wir liegen auf dem Wohnzimmer Teppich, spielen ein Spiel. Der Junior ist dran. Würfelt. Meine Hand zuckt. Ich will schnell für ihn fahren, obwohl ich weiß, dass er es kann. Aber ich kann es schneller. Ich kann mich gerade noch zurückhalten. Das Spiel dauert fünf Minuten länger als geplant.

Der Große ist bei den Hausaufgaben. Er schreibt ein paar Zahlen falsch und vergisst eine Aufgabe. Meine Hand zuckt und will nach dem Radiergummi greifen. Ich halte mich gerade noch zurück. Er entdeckt die fehlenden Aufgaben und macht sie fertig.

Abends im Kinderzimmer. Wir reden über Gott. Mein Kleiner erzählt davon, dass das Wasser beim Spülen zu Jesus in den Himmel geht. Meine Hand zuckt. Mein Mund auch und ich kann mich gerade noch beherrschen. Ich lache und er erzählt davon, wie groß der Himmel ist.

Ach wie oft zuckt meine Hand im Alltag! Bei den kleinen Dingen, aber auch bei den großen. Wie oft will ich es einfach kurz selber machen, statt meinen Kindern die Möglichkeit zu geben, Dinge selbst zu tun und auszuprobieren. Und wie oft bin ich dabei, sie bei Glaubensdingen einfach mit Richtigkeiten zu überfahren, statt sie diese Sachen selbst entdecken zu lassen!

Ja, ich kann es besser, schneller, sauberer, fehlerfreier und richtiger. Das mit dem Milch einschenken, Spielfiguren vorfahren und das Hausaufgaben machen. Aber darum geht es gar nicht. Sondern es geht ums selber machen. Selber entdecken, selber probieren, Fehler selber machen und dabei lernen und besser werden. Verschüttetes aufwischen und selber glauben lernen.

Und für mich heißt das: stehen bleiben, durchatmen und meine Hände zurück halten, wenn sie wieder zucken.

4 Gedanken zu: Meine Hand zuckt

  1. Oh, das ist so wahr! Und ich bin so schlecht darin! Meine Hand zuckt nicht nur: sie macht gerade, nimmt aus der Hand, verbessert…. und am Ende ist das Kind entmutigt. Danke für die Erinnerung!!!! Ich wil das wirklich lernen.

  2. Liebe Anne!
    Das ist auch bei mir ein ewiger Lernprozess. Selbst bei meinen nun erwachsenen Kindern merke ich, wie ich ungeduldig bin und zucke, versucht, das Ganze abzukürzen. Selber lernen lassen, zutrauen, selber machen lassen, auch wenn mal was schief geht. Ganz schön schwer.

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