Langsam gräbt sich meine Schaufel durch die braune, trockene Erde. Hier und da zupfe ich einige Unkrautwurzeln aus dem Bode oder lese ein paar Steine auf. Dann setzte ich die Knollen in die Erde. Wo letztes Jahr noch Efeu und Büsche wucherten, sollen im nächsten Jahr Tulpen und Narzissen blühen. Als ich endlich fertig bin liegt ein brauner, etwas trostloser Streifen Erde vor mir. Schwer vorstellbar, dass sich hier in einem halben Jahr das bunte Leben tummeln wird.
Trotzdem arbeite ich weiter, denn ich pflanze auf Hoffnung hin. Ich pflanze in dem Glauben, dass aus diesen kleinen, unscheinbaren Knollen im Frühjahr ein Blumenmeer entstehen wird. Ich habe das vor Augen, was kommen wird, auch wenn ich es jetzt noch nicht sehe.
Im Moment beschäftigt mich mein (Wieder-)Einstieg in die Berufswelt. Ich schreibe Mails, führe Gespräche, fülle Anträge aus und setzte kleine Knollen in den Boden. Nachdem ich die Erde festgeklopft habe, ist unter mir nur gähnende Leere. Aber ich will nicht aufhören zu glauben, dass unter der Erde, zwischen all den Steinen und Unkrautwurzeln, noch etwas schlummert. Etwas Schönes und Buntes, voller Leben, das aufblühen und verschwenderisch mit Farbe um sich werfen wird.
So Vieles in meinem Alltag erinnert mich an das Setzen von Blumenzwiebeln. Ich bete, ich erziehe, ich liebe und ich predige – auf Hoffnung hin. Oft wirkt das, was ich in Händen halte, so klein und unbedeutend, manchmal auch schon ein bisschen krumpelig. Und nach dem Pflanzen ist alles unter Staub und Dreck verborgen.
Kaum vorstellbar, dass da etwas draus werden soll.
Und dann, ganz leise, bricht nach langem Warten früher oder später das erste Grün aus der Erde. Ein Blütenmeer voller Schönheit und Düfte und Leben. Die ersten Bienen, die zwischen den Blumen hin- und herfliegen, Osterglocken und Tulpen in allen Farben. Was für ein Wunder, dass Neues Leben zwischen all dem Dreck hervorkommt.
Und deshalb setze ich heute kleine Knollen in die Erde. Deshalb werde ich noch eine weitere E-Mail schreiben und nicht aufhören zu lieben, zu erziehen, zu predigen. Denn ich pflanze auf Hoffnung hin, mit all der Schönheit und dem Leben vor Augen, die nur darauf warten, zum Vorschein zu kommen – auch wenn ich im Augenblick nur dreckige Erde sehe.