Seit Tagen fühle ich mich, als wäre ich hinten dran. Versuche alle Rollen und Verpflichtungen unter einen Hut zu stopfen, nur um zu merken, dass immer etwas zur Seite rausquellt. So vieles, was ich gerne lassen würde muss sein (minimaler Haushalt, Steuern, Terminabsprachen, Orga und noch mehr Orga, Nachtschichten mit dem Baby zum Beispiel) und das was nicht unbedingt sein muss, das will ich nicht lassen, weil es das ist was mich glücklich macht und nicht nur funktionieren lässt (schreiben und Kaffee trinken und im Garten buddeln). Ich habe gestrichen wo ging und am Ende ist es doch irgendwie zu viel und ich weiß nicht wo ich noch kürzen soll.
Und immer habe ich das Gefühl hinten dran zu sein. Aber seit ein paar Tagen frag ich mich was das bedeutet „hinten dran zu sein“? Vielleicht hat es auch damit zu tun, dass ich die Vorstellung hatte spätestens ab dreißig mit allem „fertig“ zu sein. Berufs- und Familienplanung, Wohnort, Freundeskreis, innere Zweifel und Lebensfragen – ok, schon während ich das schreibe muss ich lachen… Und was würden wir dann machen, wenn wir fertig wären? Die nächsten 30 Jahre einfach unsere Lebensroutinen abspulen?
Vielleicht brauche ich einfach einen neuen Plan. Nicht hinterherkommen und fertig werden, sondern sich mitten hineinstürzen ins Leben. Kontrolle loslassen und Strukturen und Ordnung und all die Dinge die ich so liebe, weil sie das Leben scheinbar sicher machen. Und im „niemals fertig werden“ stehen bleiben und das Zwischendrin genießen. Ich glaub das würde mich ziemlich glücklich machen auch wenn ich im Moment nicht so recht weiß wie da gehen soll.
Vielleicht hilft dabei ein Satz der mir vor ein paar Tagen beim Podcast hören begegnet ist:
„Vor lauter Listen leer machen, vergessen wir beinahe zu sehen, dass das hier unser Leben ist!“ (Tina Homburg in dem Podcast Muttivation)
Wenn ich meine Listen und meine Lebensplanungen anschaue, dann bin ich ziemlich hinten dran. Der Keller ist da reinste Chaos, ich hätte gerne schon viel mehr Vorlesungen belegt, bin beim Schreiben hinterher, ich bin in der Zeit mit den Kindern viel zu genervt, denke ich sollte mehr Ausflüge machen und spontane Kurztrips (mit Baby stresst mich schon alleine die Vorstellung!), bin zu oft am Handy, würde gerne mehr Freunde treffen oder in der Gemeinde mitarbeiten und wollte in der Elternzeit mit meinem Mann doch unbedingt so viel Schönes machen (und gleichzeitig ganz viel geschafft bekommen). Will Vergnügen und Arbeit unter einen Hut bringen. Ich wäre gerne schon „weiter“ und „fertig“ und weiß selbst gar nicht was ich damit meine.
Aber heute, heute schaue ich kurz hoch, von meiner Liste und merke, dass ich mein kleines unperfektes Leben eigentlich ziemlich gerne hab. Ich mag meine Familie, mein Zuhause, dass ich schreiben und studieren darf. Ich mag unsere Straße und den Spielplatz vor der Türe, unseren Versuch minimalistischer zu leben. Ich mag die Fernsehabende auf der Couch und buntes Gemüse in der Küche zu schneiden. Mich in Büchern zu verlieren und ein bisschen mehr Kaffee zu trinken als gut wäre und, dass unser Esszimmer voller Pflanzen steht.
Und das ist doch das seltsame, dass wenn man es schafft langsamer zu gehen und weniger zu wollen, man auf einmal gar nicht mehr so sehr hinter her ist. Und heute, heute und hier ist dieses Leben gut.
Hier noch der Link zu dem Podcast:
Hallo liebe Anne,
Hab gerade erst diesen Beitrag gelesen und genauso gehts mir auch ständig. Und auch zu diesem Schluss komm ich immer wieder. Und heute hab ich einfach nochmal diese Erinnerung gebraucht! Danke dafür!