Wenn Jesus unser Nachbar wäre, dann gäbe es einen Ort, an dem man immer willkommen ist. Seine Wohnung wäre voller Schätze und Geschichten. An manchen Tagen würde er beim Abschied das eine oder andere aus seinem Regal nehmen und es jemanden in die Hand drücken, für den es eine ganz besondere Bedeutung hätte. Schneeflocken und Schneckenhäuser zum Beispiel. Ich glaube bei ihm würde es immer nach Schokokeksen riechen – und nach Apfelkuchen. Es gäbe einen Schrank voller Farben und Pinsel und bunte Flecken an der Wand.
Wäre Jesus unser Nachbar, würden meine Kinder ihn ständig auf der Straße anquatschen. Sie würden von ihrem Tag erzählen und ich würde peinlich berührt daneben stehen und versuchen, sie zum Gehen zu überreden, weil er doch sicher Wichtigeres zu tun hat. Aber ihn würde es nicht stören, weil er meine Kinder ziemlich gerne hat. Und irgendwann würde ich begreifen, dass genau das das Wichtigste für ihn ist.
Am allerliebsten würde er zum Abendessen einladen. Vielleicht würde auf seiner Küchenfensterbank ein trauriger Topf Basilikum vertrocknen und sein Boden wäre ein bisschen krümelig. Dann und wann würde man eines der Kinder in die Küche huschen und mit Schokoladenmund wieder rausschleichen sehen. Seine Wohnung wäre voller Musik und manchmal würde jemand durch die Küche tanzen. Es gäbe Fladenbrot, Wein und Oliven. Jemand würde Salat mitbringen und Kürbissuppe. Und am Tisch würden man ganz unterschiedliche Menschen treffen. Solche, die man sonst nie trifft oder sich nicht traut anzusprechen. Die aus unserer Nachbarschaft, die ganz anders sind und trotzdem ziemlich gleich wie wir. Und dort würde man lachen und manchmal auch ein bisschen weinen, über das, was man verloren hat oder was gerade schwierig ist. Wir würden Brot und Wein und Leben teilen, Gläser umstoßen und nicht aufessen müssen.
Und immer wieder würde er ganz überraschend auftauchen und einem von Weitem zuwinken. Im Supermarkt, am Bahnhof oder dem Bolzplatz um die Ecke – oft in ein Gespräch vertieft. An manchen Tagen würden wir gemeinsam feiern – ein bisschen zu laut und ein bisschen zu lange. Aber meistens, da würde er auf einen schnellen Kaffee vorbeikommen und beim Müll rausbringen helfen. Manchmal würden wir überhaupt nicht reden, sondern einfach ein bisschen zusammen sein. Und für einen kleinen winzigen Moment wäre alles gut. Weil in seiner Nähe alles gut ist. Und Stück für Stück würde er alles um sich herum verändern. Weil Menschen sich verändern, wenn sie wissen, dass sie geliebt werden – einfach so, wie sie sind, trotz allem.
Wenn Jesus unser Nachbar wäre, das wäre ja ein bisschen wie Weihnachten, oder?
Das Wort wurde Fleisch und Blut und zog in unsere Nachbarschaft.
(Johannes1,14, the message)
Anne, da hast Du wieder super gemacht! Toll..