Sozialraumorientierung

Ihr Lieben, ich danke euch von Herzen für eure Kommentare und persönlichen Nachrichten, die ihr mir zu dem letzten Beitrag geschrieben habt. Ich habe lange überlegt, ob ich das so schreiben und veröffentlichen will. Deshalb vielen Dank euch!

Es ist Donnerstagmorgen. Ich arbeite mich durch meine Vorlesung, seit zwei Wochen leider nur noch online. Es geht um Gemeinwesenarbeit und Sozialraumorientierung. So wirklich viel Ahnung habe ich noch nicht, das kommt hoffentlich mit der Zeit. Ganz vereinfacht gesagt, geht es um Nachbarschaft. Wer da so wohnt und wie genau sie aussieht. Ob es bezahlbare Wohnungen gibt und schöne Spielplätze. Ob Sportvereine und Fußballplätze vorhanden sind. Was für Menschen hier leben – viele Familien oder vermehrt alte Leute. Welche Kulturen und Lebensentwürfe hier zu finden sind. Und wie sie sich verändert, wenn z.B. ein neuer Spielplatz entsteht oder ein großes Mietshaus gebaut wird.

Ich mag diese Vorlesung. Und ich mag unsere Nachbarschaft. Nach mehreren Umzügen, ist das der erste Ort an dem wir wirklich angekommen sind. Hier treffen wir die ältere Hundebesitzerin, die immer Leckerlis in der Tasche hat, damit unsere Kinder ihren Hund füttern können. Der Nachbar, der den Apfelbaum im Garten abgeholzt hat, um Kürbisse anzubauen und immer den Grill draußen stehen lässt. Die Jungs, die wieder und wieder bei uns Klingelstreich machen und die ich im Winter am liebsten mit einer kalten Dusche begrüßen würde. Wir grüßen den Schulhausmeister und den rauchenden Mathelehrer, der an der Laterne vor unserem Haus steht. Und da ist noch die ältere Frau, die in ihrem elektrischen Rollator manchmal die Kinder mitfahren lässt. Wir wissen, wo man die besten Brezeln bekommt und welche Kindergärten es gibt. Wir fragen uns oft, warum so wenig Kinder draußen sind – und ärgern uns darüber, weil wir dann mitspielen müssen beim Fußball und Verstecken. Wir verteilen an Nikolaus kleine Geschenke und machen die Kehrwoche.

Und wir kämpfen. Mit den hohen Mitpreisen und damit, dass man keine bezahlbaren Wohnungen findet. Mit fehlenden Betreuungsplätzen und den Vorurteilen in unserem Kopf. Mit Sprachbarrieren und dem Aufeinanderzugehen.  Ja, ich mag unsere Nachbarschaft. Hier gibt es ganz viel Schönes und auch viele Herausforderungen. Vieles, das ich lernen muss (und will) und das mich wachsen lässt. Letzten Sommer wurde in unserer Straße ein Spielplatz umgebaut. Jetzt gibt es da neben Sandkasten und Klettergerüst auch eine Wasserstelle und einen kleinen Pumptrack. Seit dem Umbau ist das DER neue Treff in unserer Gegend – zumindest für alle zwischen 2 und 12 Jahren. Wie eine Kleinigkeit die Nachbarschaft verändern kann…

Nach der Vorlesung will ich meinen Laptop schon zuklappen, aber da stolpere ich bei der lieben Christina noch über ein kleines Zitat:

Das Wort wurde Fleisch und Blut und zog in unsere Nachbarschaft. (Johannes1,14, the message)

„Das wäre was!“ denke ich so bei mir. Nicht nur ein neuer Spielplatz, sondern wenn Jesus tatsächlich in unsere Nachbarschaft ziehen würde. Dann… Ja was wäre dann?

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