Mit Herzrasen stehe ich in unserem kleinen Garten. In den letzten Tagen hatte es nach langer Zeit endlich wieder geregnet. Und dann ist das passiert, was nach solchen Tagen so oft geschieht: Unser Garten ist förmlich explodiert. Überall grünt und blüht es – allem voran das Unkraut.
Also stehe ich da, zwischen all den Beeten, bin erst einmal völlig überfordert und weiß nicht so recht, wo ich anfangen soll. Ich renne von einer Baustelle zur nächsten und frage mich, ob meine Arbeit überhaupt etwas bringt oder ob ich einfach kapitulieren sollte.
Vielleicht trifft es mich dieses Jahr auch besonders, weil es in meinem Lebensgarten nicht viel besser aussieht.
Auch hier gibt es vieles, das gewachsen ist und mir im Moment wortwörtlich über den Kopf wächst. Weil gerade einige Umbrüche anstehen und das Leben mit seinen Aufgaben viel zu voll ist. Dann stehe ich da, wie gelähmt, und weiß nicht, wo ich anfangen soll. Ich beiße so lange die Zähne zusammen, bis mein Körper sich wehrt. Manchmal sitze ich da, wie erstarrt, und schaffe es nicht mal, eine einfache E-Mail zu beantworten, weil ich all das andere sehe, was noch zu tun wäre.
Und dann geht es mir ein bisschen wie in unserem Garten: Ich sehe nur noch das Unkraut, die abgefressenen Tomaten, das kaputte Dach und den wilden Komposthaufen. All das, was ich tun müsste und nicht auf die Reihe bekomme. Aber da sind eben auch die blühenden Himbeeren, und zwischen dem Unkraut leuchten rote Johannisbeeren. Da ist so viel, was wir in den letzten Jahren schon gestaltet und gebaut haben und was ich oft nicht sehe, weil ich denke, ich müsste erst alles im Griff haben, bevor ich ernten und genießen darf.
Aber vielleicht muss einem auch manchmal alles über den Kopf wachsen, weil das eben auch heißt, dass das Leben wächst, blüht und Früchte bringt. Und vielleicht ist meine Aufgabe nicht, alle Beete ordentlich und unkrautfrei zu halten, sondern mitten in diesem wilden Garten Blumen zu pflücken, Bohnen zu pflanzen und Rhabarber zu ernten.
Während ich also im Garten Blumen und Minze ernte, habe ich mir für meinen Alltag eine kleine Challenge gesetzt. Weil sich die letzten Tage und Wochen oft nach „Augen zu und durch“ und einfach nur „irgendwie überstehen“ angefühlt haben, habe ich mir fest vorgenommen jeden Tag mindestens eine winzig kleine Sache zu finden auf die ich mich freuen kann. Ich habe abends beim Serie schauen gepuzzelt, bin in den Garten gefahren (auch nur für eine Stunde), habe Rhabarbersirup angesetzt, eine neue Folge meines Lieblingshörspiels gehört, war mit meinen Kindern frühstücken und habe mein Lieblingseis gegessen. Und endlich nach langer Zeit mal wieder etwas für den Blog geschrieben! Falls dir noch ein paar Kleinigkeiten einfallen schreib sie mir gerne, damit mir die Ideen nicht ausgehen 😉
Denn ich möchte die Tage nicht einfach überleben, sondern die Freude darin finden. Nicht erst, wenn alles andere erledigt ist, sondern mitten in diesem wild-chaotischen, viel zu vollen und über den Kopf wachsenden Leben.



Hey liebe Anne,
Danke für diese Gedanken. Mir geht es gerade ähnlich, hatte auch schon oft dieses Garten Bild für mein Leben bei dem ich nicht hinterher komme.
Fand den Gedanken auch voll hilfreich, dass vielleicht gerade nicht der ganze Garten geoflegt sein muss und es vielleicht einfach dazu gehört.
Kleine Alltagsfreuden sind für mich auch der Kaffee in der Sonne und raus in die Natur gehen, im Garten sein,…
Lg Hannah