Ich suche Jesus. Ich suche Natur.
Gemüse in meinem Kühlschrank. Trauriges Basilikum auf der Fensterbank. Eine Wurmkiste auf dem Balkon. Ein Kompost-Experiment unter der Spüle. Kleine Pflänzchen auf unserer Kommode, die ich vorziehe. Blumen und Weidenkätzchen, die ich noch abhärten wollte, ehe ich sie in den Garten pflanze. Blubbernder Sauerteig. Ein Himmel in tausend Farben. Bunter, schöner Biomüll. Vögel und Eichhörnchen, die wir vom Fenster aus sehen können. Ich bin umgeben von Natur, von Lebendigem.
Viele Menschen erzählen davon, dass die Natur sie mit Gott verbindet, dass sie dort seine Größe sehen und erfahren. Ich finde Gottes Größe im Bibelstudium. Mich lassen Wortstudien und Textanalysen über Gottes Größe stauen. Die Natur war bisher eher mein Mittel zum Zweck – mein Zugang zur Stille.
Aber seit wir seit ein paar Jahren einen kleinen Schrebergarten gepachtet haben, treffe ich dort immer wieder auf Jesus. Allerdings anders als ich dachte: weniger im Staunen oder Ergriffensein, sondern bei der Arbeit. Wenn ich mit dreckigen Händen in unserem Blumenbeet knie, lehrt er mich oft wichtige Lektionen über das Leben. (Unter „Gute Nachricht aus dem Garten“ schreibe ich immer wieder darüber.)
Warten und wachsen lassen, im Rhythmus leben, Unkraut zupfen, bevor es zu groß wird, Nebentriebe und Unnötiges abschneiden, sterben und auferstehen, loslassen, Misserfolge.
Hier in der Natur wird mein Glaube geerdet. Wortwörtlich. Und das ist harte Arbeit. Denn eigentlich mag ich es gerne ordentlich, zumindest was den Glauben angeht. Richtig und falsch, Aktion und Reaktion, Segen und Fluch. Und dann kommt Jesus und kippt einen riesigen Haufen Erde über meine fein säuberlich zurechtgelegte Theologie und meint: so funktioniert das leider nicht.
Jesus, der Glaube, die Natur. Alle drei sind pulsierendes, unbeherrschbares Leben. Manchmal denke ich, Gott ist wie eine Naturgewalt – gewaltig und unberechenbar. Dann merke ich, dass er noch mehr ist: der Schöpfer solcher Gewalten.
Gott und die Natur. Sie funktionieren nicht nach mechanischen Regeln und sie finden auch nicht an meinem kleinen Schreibtisch statt. Sie sind nicht sauber und kalkulierbar, nicht berechenbar und schon gar nicht zu zähmen oder zu bändigen.
Und deshalb brauche ich meinen Garten. Denn ich glaube an einen Gott, der sich die Hände dreckig macht. Der im Dreck dieser Welt wühlt, der gewaltig ist wie ein tobender Sturm und nahbar wie ein Samenkorn und konkret greifbar wie der Biss in einen süßen Apfel. Und das alles auf einmal.
Und diesen Gott, den finde ich in der Natur.