Meine Freundin hat mir eine Sprachnachricht hinterlassen.
Sie würde uns gerne einladen, aber daheim sei es so unordentlich. Aber gute Freunde dürfe man ja auch ins Chaos einladen, falls sie es bis dahin nicht schafft, aufzuräumen. Ob wir kommen wollen…
Klar wollen wir.
Zwei Tage später sitzen wir in ihrem Wohnzimmer. Der große Esstisch ist gedeckt mit Kaffee und Waffeln, Puderzucker und einer großen Schüssel voll warmer Kirschen. Um uns herum ein paar Wäschekörbe und Papierstapel. Neben uns schreien die spielenden Kinder.
Dazwischen sitzen wir und unterhalten uns. Über unseren Alltag, über Termine, Pläne, die wir schmieden, und Träume, die wir haben. Es ist ein richtig schöner Herbstnachmittag.
Ein Nachmittag, den wir versäumt hätten, hätte meine Freundin mit der Einladung gewartet, bis ihre Wohnung perfekt hergerichtet gewesen wäre. Bei dem Gedanken werde ich ein bisschen wehmütig. Denn wie viel verpassen wir, weil wir denken, wir müssten erst aufräumen, bevor wir andere willkommen heißen. In unseren Wohnungen, aber noch viel mehr in unseren Leben. Wir denken, wir müssten erst den Müll raus tragen und alles ordentlich hinterlassen. Ein wenig abstauben und glänzend polieren.
Aber manchmal sollten wir einfach mutig sein und den anderen in unserem kleinen großen Chaos willkommen heißen.
Lauren F. Winner schreibt darüber:
Denn es ist nicht so gedacht, dass wir unser normales Leben um unserer Gäste willen umkrempeln sollten, vielmehr sollten wir unsere Gäste in unser Leben, so wie es ist, einladen.
Lauren F. Winner: Sabbat im Café
Lasst und nicht warten, bis unsere Wohnungen sauber und unsere Leben geregelt sind, um die Türe aufzumachen und den anderen darin willkommen zu heißen.
Wir sollten uns ein bisschen mehr zueinander in unordentliche Wohnungen und chaotische Leben setzen und uns die Bäuche vollschlagen mit Waffeln und Kirschen und ganz viel Gnade. Wir sollten den anderen in unsere Wohnung und unser Leben einladen – so wie es ist, nicht so wie es sein sollte oder wir es gerne hätten.
Ich glaube, das braucht ein bisschen Mut (und ein gutes Waffeleisen), aber am Schluss sitzen wir dann da mit vollen Bäuchen und warmen Herzen. Und spätestens dann sind die Kruschtecken und Spielzeugberge ziemlich egal.
*die Bilder sind übrigens von meinem Chaos daheim, denn fotografieren und veröffentlichen sollte man dann doch lieber die eigene Unordnung 😉